Kein Fußballspiel hat in letzter Zeit schon im Vorfeld die Medien so bestimmt wie das Saarderby zwischen dem FC 08 Homburg und dem 1. FC Saarbrücken. Doch war dieser ganze Aufwand für diesen Abend im Spätsommer 2007 wirklich gerechtfertigt?
Entgegen der kurzen Bahnstrecke nach Homburg, entschloß ich mich per Fanbus anzureisen, vorwiegend aus naheliegenden Gründen. Wieso muss man ein Fußballspiel an einem Arbeits- und Schultag um 18.15 Uhr stattfinden lassen? Wäre es nicht sinnvoller gewesen, das Spiel gleich an einem Sonntagnachmittag stattfinden zu lassen?
Jedenfalls nahm so das ganze Saarderby gegen 16 Uhr für mich seinen Beginn, als es mit einem proppenvollen Linienbus Richtung Saarpfalzkreis ging. Dies war gleichbedeutend mit einem Überkopfsprung in das Verkehrschaos Homburgs. Wer einmal zu einem Spitzenspiel per Auto oder Bus nach Homburg fährt, wird das Gefühl in dem Moment, wenn die Ampel von Rot auf Grün springt, schätzen lernen. Als gefühlte sieben Ampeln passiert waren, ging es durch die Homburger Ringstraße und man war schon fast am Waldstadion angekommen. Auf dem Weg zum Waldstadion befindet sich noch ein Ascheplatz, der vornehmlich von den Jugendmannschaften verwendet wird. Ein paar Rufe, etwas Rennerei und mir wurde klar, dass ich gerade ein erstes, kleines Aufeinandertreffen zwischen Homburgern und Saarbrückern der gewalttätigen Art. Ein kurzes Spektakel, welches von der Polizei beendet wurde. Der erste Eindruck bestätigte meine Erwartungen, dass an diesem Abend ein etwas anderer Wind wehen würde. Durch ein Meer von Saarbrückern bahnte ich mir den Weg zum Gästeblock.
Dort angekommen erfuhr ich ungeahnte Sicherheitsmaßnahmen. Während die Leibesvisitation in Neunkirchen routinemäßig verlief, musste ich in Homburg selbst meinen Geldbeutel öffnen und wurde peinlichst genau kontrolliert. Erneut wurden meine Batterien als bedrohliche Waffe einkassiert. Bemerkenswert war dabei die sinngemäße Aussage eines Ordners, dass Kontrollen immer auf diese Weise durchgeführt werden sollten. Ob eine Gesichtskontrolle dabei auch sinnvoll ist, sei dahingestellt. So kamen viele Leute ohne Abtasten ins Stadion. Nach Ende des Spiels bestand ich jedenfalls auf die Rückgabe meiner Batterien, auch ohne Pfandmarke.
Im Stadion selbst fiel zunächst auf, dass der Gästeblock zwar schon ordentlich gefüllt war, aber die Zugfahrer immernoch auf sich warten ließen. Nachdem diese dann noch rechtzeitig eintrafen, konnte es mit dem Derby losgehen.
Während der FCS-Anhang zu Beginn nicht mit den speziellen, verbalen Nettigkeiten in Richtung Homburg geizte, hatte man auf der Heimseite für das Derby einige Pappstinkefinger gebastelt, welche eher belächelt wurden. Scheinbar war gerade irgendwo orangenfarbene Pappe im Angebot.
Zu Spielbeginn zeigte sich dann die Ineffektivität aller Sicherheitsmaßnahmen: im Gästeblock wurden Rauchbomben und Bengalische Lichter gezündet. Zu diesem Zeitpunkt kamen in mir Zweifel darüber auf, ob die Sicherheitsmaßnahmen in diesem Maße gerechtfertigt waren. Was nützen scharfe Kontrollen, wenn man die "bösen" Ersatzbatterien eines Hobbyfotografen findet, aber die Pyrotechnik passieren lässt.
Da ich ungefähr in der Mitte des Gästeblocks stand, war die Sicht wegen des Rauchs zu beschränkt, um zu erkennen, was auf dem Platz passierte. Irgendwann wurde dann klar: der Schiedsrichter pfiff die Spieler vom Platz zurück. Es ist müßig zu erklären, dass die pyrotechnischen Entwicklungen im Gästeblock Auslöser dieser Maßnahme waren. Nach einer vierminütigen Verspätung wurde dann endlich (endlich!) Fußball gespielt.
Auf einer grünen Fläche, welcher der Name "Rasen" eher schmeichelte, verlief der Spielbeginn mit Vorteilen für den FCS. Schon früh wurde das Tor von Thorsten Hodel unter Druck gesetzt. Dieser reagierte jedoch meist hellwach und vereitelte eine frühe Führung des FCS. Der FC Homburg konzentrierte sich in der ersten Halbzeit darauf, nicht einzubrechen und ließ den FCS das Spiel bestimmen. Die Blau-Schwarzen verpassten jedoch aus einigen guten Chancen in Führung zu gehen. In der 40. Minute ließ dann Nazif Hajdarovic mit einem weiteren Tor ganz Homburg verstummen und ca. 6000 Saarbrücker brachen gleichzeitig in Jubel aus. Ein weiteres Mal wurde Pyrotechnik gezündet.
Lange hielt die Freude über die Führung leider nicht an: nach einer Flanke in den Saarbrücker Strafraum stieg Hajdarovic hoch und ging ungeschickt mit dem Arm zum Ball. Keine Frage, der Elfmeter war berechtigt. Ex-Saarbrücker Michael Petri ließ es sich nicht nehmen, selbst anzutreten. Den schwachen Elfmeter konnte Pascal Formann zunächst parieren, jedoch fiel der Ball erneut vor die Füße von Petri, welcher im zweiten Versuch keinen Fehler mehr machen konnte. 1:1 zur Halbzeit.
In der zweiten Halbzeit verlor das Spiel fast vollkommen seinen Derbycharakter. Der FCS baute zunehmend ab, während der FCH konsequent hinten dicht machte und sich nur noch auf das Kontern verließ. Die beiden Torhüter, Pascal Formann und Thorsten Hodel, wurden nun zu den herausragenden Akteuren, auch wenn sie in ihrer Position gewissermaßen als "Spielverderber" gelten müssen. Jedenfalls verhinderten beide den Rückstand für ihre eigene Mannschaft und zeigten gute Leistungen. Dass der FCS nun abbaute, lag einerseits an einer gewissen Ideenlosigkeit im blau-schwarzen Mittelfeld, andererseits an der übertriebenen Härte, mit der die Homburger zu Werke gingen. Der Schiedsrichter entschied hierbei mehrmals in merkwürdiger Art und Weise und hätte die Gelbe Karte öfters zeigen können. Am Ende steht ein gerechtes Unentschieden in einem schwachen Ligaspiel.
Trotzdem war es schön anzusehen, dass auch nach diesem Spiel die Mannschaft ihre Verbundenheit zu den Fans zeigte und sich bei den Mitgereisten bedankte.
Zur Stimmung müssen aber noch einige Worte verloren werden: natürlich ist es klar, dass auch in einem Derby, bei dem locker 6000 Gästefans anwesend sind, nicht jeder an einer akustischen und optischen Unterstützung der Mannschaft interessiert sind. Nur dann sollten diese Leute so konsequent sein und lieber die Lücken im Nebenblock füllen, anstatt andere Fans zu nerven. In die Nähe der Supportwilligen verirrten sich auch in Homburg leider wieder Gestalten, welche bei höchstens 10% der Fangesänge mitmischten und sonst nur durch Meckerei über die eigene Mannschaft ("Den dó kann isch nimme siehn!") oder andere Blocksteher ("Nemm die Fahn dó runna! Mir wulle es Schbill siehn!") auffielen.
Liebe Leute, die ihr nur dann auswärts fährt, wenn es gegen einen Rivalen geht oder der Ort um die Ecke liegt: bitte bleibt in Zukunft zuhause! Fußball ist nicht eure Welt!
Dass die Stimmung für ein Derby eher dürftig war und nur selten die gesamte Kurve zum Anfeuern animiert wurde, ist leider auch kein Geheimnis. Auf Homburger Seite schien es aber an denselben Stellen zu kranken. Masse ist eben nicht automatisch Klasse.
Erschöpft von einem anstrengenden, aufregenden Freitag ging ich an einem zerstörten Getränkestand und umgekippten Miettoiletten zurück Richtung Bus. Es war zwar kein Krieg, aber eben doch kein normales Ligaspiel.
Schön, dass ihr alle da seid!
vor 5 Tagen
4 Kommentare:
"Liebe Leute, die ihr nur dann auswärts fährt, wenn es gegen einen Rivalen geht oder der Ort um die Ecke liegt: bitte bleibt in Zukunft zuhause! Fußball ist nicht eure Welt!"
was für ein Käse...
Was für eine begründete Aussage!
es gibt eben leute, die sich mal in erster linie für den sport interessieren, den die mannschaft ihres herzens betreibt. meistens sind das leute, die selbst fußball spielen und auch etwas ahnung von dem spiel haben...natürlich gehört das kribbeln im stadion, das durch die fans erzeugt wird dazu und ohne die fans wäre es auch langweilig, aber wenn ich ein spiel gerne sehen möchte, dann schaue ich es mir auch an. und zwar ohne fahne, trikot und rumgesinge. das ist nämlich allein meine sache, so wie es deine sache ist im stadion zu singen und zu schreien. und wenn das für dich ein problem sein sollte, dann hast du meiner meinung nach ordentlich einen an der waffel. dann wärst du nur ein intoleranter trottel....
Ich gehe mal davon aus, dass du dir auch den Kontext durchgelesen hast. Wenn du das jetzt nochmal tust, stellst du fest, dass sich meine Aussage auf eben jene Personen bezog, die sich in Homburg in den Bereich der Leute, die sich für die "Fansachen" interessieren, breitgemacht haben und sich über eben jene beschwert haben. Wenn ich nicht mitsingen, Fahnen schwenken etc. will, stelle ich mich eben in einen Nebenblock oder eine ruhige Stelle. Das nennt man Konsequenz. Ich habe sicherlich kein Problem mit Leuten, die sich in Ruhe ein Spiel ansehen wollen (das mache ich ja auch in der Verbands- oder Landesliga), aber ich habe ein Problem mit Leuten, die anderen ihre Ideale vermiesen wollen. Das ist ignorant und intolerant. Toleranz kann nie einseitig sein, sie muss immer auf gegenseitiger Akzeptanz und (bestenfalls) auf Respekt beruhen. Wenn das nicht der Fall ist, nehme ich mir das Recht heraus, sowas hier, auch mit harten Worten, anzuprangern.
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