Nach zuletzt mageren Leistungen auf dem Spielfeld, ersten Anzeichen einer baldigen Rückkehr aller Nörgler und Schwarzmaler und allgemeinem Frust sollte gegen Mayen wieder ein Dreier die Gemüter beruhigen.
Ich machte mich per Bahn Richtung Saarbrücken auf, wohl wissend um die aktuelle Streik-Situation, aber mit einer gehörigen Ungewissheit, ob ich denn um 11 Uhr meinen Bus zur Rückfahrt erreiche. Doch das sollte erstmal keine Rolle spielen, da zunächst einmal das Heimspiel anstand.
In einer Zeit, in der die gewohnten Kantersiege und der ansehnliche Kombinationsfußball ausbleiben, sind Treuesbeweise umso wichtiger. Im E-Block gab es diesen in Form einer Choreographie, welche visuell umsetzte, wie unsere Herzen wohl alle für den FCS schlagen, sodass wir uns auch von zwei Abstiegen in Folge nicht entmutigen lassen. Vor dem Standort der Virage Est prangte diesmal auch ein "Liebe kennt keine Liga!"-Banner der gleichnamigen Kampagne des Vereins. Wer hätte vor einem Jahr noch gedacht, dass wir einmal solche Szenen zu Gesicht bekämen? Im D-Block wurde neben der kürzlich eingeführten Blockfahne auch etwas Rauch präsentiert. Ob man damit dem Verein wirklich einen Gefallen tut, indem man eine weitere Geldstrafe riskiert?
Bevor das Spiel angepfiffen werden konnte, wurde noch mit einer Schweigeminute dem kürzlich verstorbenen Karl Berg, seines Zeichens eine der Stützen der Mannschaft der 50er-Jahre, gedacht.
Zu Spielbeginn legte der FCS in einem Tempo los, wie man es von den ersten Heimspielen der Saison gewohnt war. Schon in der ersten Minute kam man zum ersten Torschuss und unterstrich, dass es keinesfalls an mangelnder Moral oder Selbstachtung lag, dass man in den letzten Spielen gegen die direkte Konkurrenz Punkte liegen ließ. Vielleicht lag der neue Tatendrang auch daran, dass Michael Krüger in der Startformation einige Veränderungen vornahm. Auf der rechten Abwehrseite durfte Alexander Otto seinen Einstand geben, nachdem er sich mit guten Leistungen in der 2. Mannschaft empfohlen hatte. Der angeschlagene Manuel Rasp nahm zunächst einen Platz auf der Ersatzbank ein. Dafür wirbelten die dribbelstarken Mike Frantz und Arifkaraoglan diesmal gleichzeitig. Mike Frantz nahn hierbei häufiger den Part neben Nazif Hajdarovic im Sturm ein.
Aber dann war es doch der aufstrebende Arif Karaoglan, welcher seine Chance nutzte und in der neunten Minute ein Tor erzielte, wie es gegen Pirmasens schon Manuel Rasp gelang: aus ungefähr 30 Metern hielt Karaoglan einfach drauf und der Ball senkte sich über dem gegnerischen Torwart wunderschön ins Netz - 1:0!
Es sollte nur wenige Minuten bis zur Vorentscheidung an diesem Abend dauern. Nach einer wunderbaren Kombination auf der linken Seite passte Kapitän Charly Haffner den Ball flach in die Mitte und fand in Julien Humbert den dankbaren Abnehmer, welcher aus kurzer Distanz zu seinem zweiten Tor in der Saison kam.
Auf Seiten der Gäste kam nur wenig von dem, was man ein Aufbäumen nennen könnte. Bis auf eine gefährliche Situation blieb Pascal Formann nahezu arbeitslos. Das Spiel machte der FCS, welcher noch zu mehreren guten Torgelegenheiten kam.
Auf den Rängen wurde im E-Block vor allem das in Internetforen heiß diskutierte "neue Lied" zum besten gegeben. Teilweise war es sehr nett anzusehen, wie D1 und Virage Est aufeinander eingingen und beim "Vorwärts Saarbrücken!" auch gemeinsam das weite Rund erzittern ließen. Leider flachte die Stimmung zunehmend ab und Probleme zwischen unterem Teil und oberem Abschnitt des D1 traten zum Vorschein. Auf Seiten der Virage Est war von einem der besseren, geschlossenen Auftritte zu sprechen.
In der zweiten Halbzeit entwickelte sich ein hitziges Duell zwischen zwei Mannschaften, von denen die unterlegene sich nur mit überhartem Einsatz zur Wehr setzte und die andere das Spiel machte. Angetrieben von einem überragenden Jonathan Zydko auf der linken Abwehrseite, über den wohl 90% der Angriffe liefen, kam der FCS im Minutentakt vor das gegnerische Tor. Dabei verpasste es das Schiedsrichtergespann rechtzeitig mit den Verteilen von Gelben Karten zu beginnen, sodass eine unfaire Mayener Mannschaft munter alles weggrätschte, was ein blau-schwarzes Trikot trug. So übersah der Unparteiische auch eine Grätsche von hinten im Mittelkreis, was bei entsprechender Regelauslegung eigentlich rotwürdig ist. So blieben die Mayener unbehelligt und die Saarbrücker stets gesundheitlich gefährdet. Das unfaire Klima auf dem Platz gipfelte darin, dass sich die Nummer 3 des TuS mit Manager Wolfgang Loos anlegte und von diesem attackiert wurde. Loos wurde aufgrund dieser Tätlichkeit auf die Tribüne verbannt, während der Spieler keinerlei Konsequenzen von sich trug. Doch damit war es noch nicht vorbei mit der unfairen Spielweise der Gäste.
Als Volkan Özgün nach einer Ecke den Ball auf die rechte, obere Torecke schoss, klärte diesmal die Nummer 2 der Mayener auf der Linie per Hand. Was 4800 Zuschauer nebst aller Spieler sahen, verschlief das Schiedsrichtergespann und entschied auf Eckball. Es ist müßig zu sagen, dass dem Gästespieler im Selbsterhaltungstrieb die nötige Ehrlichkeit und auch der nötige Anstand fehlte, um seine grobe Unsportlichkeit einzugestehen. So stahl er Özgüns erstes Saisontor und zu allem Überfluss gab es Gelb für den besten Mann auf dem Platz, Jonathan Zydko, da er sich berechtigterweise über diese Entscheidung beschwerte.
So blieb es bei einem überzeugenden und hochverdienten 2:0-Sieg, welcher die Wogen in Saarbrücken wieder ein wenig glättet.
Einen kleinen Kritikpunkt muss ich dennoch anführen: man muss sich ernsthaft fragen, wie im Stadion Stimmung aufkommen soll, wenn die meisten Stadiongänger erst alkoholisiert am Bahnhof ihr volles Potenzial entfalten und damit unnötigerweise den ganzen Betrieb aufhalten. Ganz ehrlich: warum singt ihr nicht im Stadion umso lauter mit? Diese Sinnlos-Sauf-Party-Mentalität einiger Leute(vor allem der Zugfahrer) bringt der Mannschaft keine Anfeuerung und ist reine Selbstdarstellung, die mich am Freitag fast meinen letzten Busanschluss in die Heimat gekostet hätte. Aufgrund eben jener Leute kam es zu einer zehnminütigen Verspätung, sodass ich am Bahnhof den besten Sprint meines Lebens hinlegen musste, um den bereits abgefahrenen Bus noch anzuhalten. Muss die Feierlaune der einen so zur Last der anderen fallen? Am Ende fühlte ich mich glücklich wie ein Olympiasieger im 100-Meter-Lauf, auch wenn mein Preis "nur" die Heimfahrt war.
Schön, dass ihr alle da seid!
vor 5 Tagen
2 Kommentare:
servus carsten!
saß am gestrigen freitag leider 400km entfernt in bayern. vielen dank für deinen ausführlichen bericht - da fühlt man sich fern der heimat bestens informiert. kein reiner spielbericht, kein reiner bericht über das fangeschehen, sondern von allem etwas, interessant und spannend formuliert. und mit der sinnlos-sauf-party-mentalität hast du natürlich absolut recht, das fiel mir auf der zugfahrt nach mainz wieder einmal extrem auf. unfassbar!
mach weiter so und blau-schwarze grüße
Danke fürs Lob und absolute Zustimmung. War selbst nicht in Mainz, hab aber die Bilder gesehen und von Augenzeugen erzählt bekommen. Muss nicht sein.
Viele Grüße zurück!
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