Montag, November 05, 2007

Ohne Glanz

Es war irgendwann an einem tristen Samstagnachmittag, als wir mitten in der weiten Leere am Stadtrand von Idar-Oberstein standen. Zuvor musste unsere Gefährte die hohen Steigungen bewältigen, um überhaupt erst an diesen Punkt anzugelangen und nun standen wir dort, wo wirklich nichts außer den vielen Autos mit saarländischen Kennzeichen darauf hindeutete, dass hier der FCS irgendwo spielen würde. Nach einer kleinen Wanderung über einen Feldweg, wurde einem klar, dass irgendjemand in Idar-Oberstein mitten in diese Landschaft ein Stadion(viele werden bei der Bezeichnung "Stadion" wohl lachen) reingebaut hat.

'idar 002' von Carsten_FCS

Am Eingang des "neuen Gästeblocks" zeichneten sich erste organisatorische Hürden ab, die es zu überwinden galt. Auf einmal waren Fahnenstocklängen, die im Vorfeld genehmigt wurden, nicht mehr aktuell und den Fahnenträgern wurde der Einlass verweigert. Als nächster Diskussionsteilnehmer wurde der Fanbeauftragte Günter G. eingeschaltet, der sich nun um "die Fohn" kümmern sollte. In der Zwischenzeit stockte der Verkehr weiter und ich wurde gründlichst genau auf alle Gefahr untersucht, die von mir ausgehen konnte. So erfreuten sich auch Taschentücher und mein nagelneues, bis dato unbenutztes Notizbuch einer exzessiven Kontrolle. Als unbeschriebenes Blatt durften Notizbuch und ich den Gästeblock betreten. Dieser wurde augenscheinlich aus aufgeschütteten Sandhaufen und Bauzäunen hergestellt (die Zäune erwiesen sich geringfügig stabiler als die in Wirges).

'idar 017' von Carsten_FCS

Vor 3.200 Zuschauern flachte die begeisternde Aufmerksamkeit für die organisatorischen Hürden und Kuriositäten dann doch noch ab, als das Spiel begann. Michael Krüger bewies Mut, indem er erneut auf Manuel Rasp in der Startelf verzichtete und auf Marcel Schug und Volkan Özgün setzte. Zudem durfte auch Neuzugang Denny Luft nun seine Premiere in der Startformation feiern. Nazif Hajdarovic fehlte verletzungsbedingt, was ein wenig Skepsis bei den mitgereisten FCSlern hervorrufte, die in der vierten Spielminute dann auch noch grausam bestätigt wurde.
Nach einem Freistoß aus dem Halbfeld landete ein schlecht abgewehrter Ball genau vor den Füßen von Ali Dibooglu, welcher keine große Mühe hatte, Pascal Formann aus wenigen Metern zu überwinden. Der Kulturschock war perfekt.

Der Stimmungshaufen ließ sich davon wenig beeindrucken und machte ohne nervtötendes Gepfeife dort weiter, wo er aufgehört hatte und versuchte die Mannschaft zu unterstützen. Von ca. 1.500 waren es die altbekannten Auswärtsfahrer, die sich zu dieser Gruppe zählen konnten.
In der 15. Minute sorgte ein Vorstoß des FCS für Gefahr. Dabei spielte Mike Frantz den Ball klug in den freien Raum, welchen Pascal Stelletta für sich ausnutzen konnte, um den Ball am gegnerischen Torwart flach einzuschieben. Damit war erst einmal der Gästeanhang beruhigt. In der Folgezeit blieb das Spiel ausgeglichen und die harte Gangart der Gastgeber sorgte dafür, dass zunächst Schug den Platz verletzungsbedingt für Karaoglan verlassen musste und dieser danach selbst aufgrund einer Verletzung das Feld für Brückerhoff räumte.

Nach dem Genuss einer für rheinland-pfälzische Verhältnisse ausgezeichneten Rostwurst und der Erkenntnis, dass man trotz erhöhter Sicherheitsbedingungen trotzdem größere Felsbrocken im Gästeblock liegen hatte, war es dann auch an der Zeit, in die zweite Halbzeit zu gehen. Erstmals gefährlich wurde der FCS in der 51. Minute, als ein Eckball den Kopf von Rouven Wiesner fand, welcher erneut seine unglaubliche Torgefährlichkeit als Abwehrspieler unter Beweis stellte und die 2:1-Führung markierte. Von langer Dauer war das Glück jedoch nicht, da nicht einmal 60 Sekunden später auf der Gegenseite die Abwehr einen Angrif verschlief und ein artistischer Kracher von Ugochukwu im Netz von Pascal Formann einschlug - 2:2.
Leider zeigte sich wieder einmal, wo bei dieser zu Saisonbeginn hochgelobten Mannschaft noch zu Aussetzern kommt. Neben der gesamten Defensive lieferte auch Julien Humbert ein schwaches Spiel ab und zeigte nicht die Ideenfülle, die er an guten Tagen hat. Volkan Özgün war an diesem Tag nur schwer in Szene zu setzen und schien ohne Flankenbälle im Getümmel einer kompakten Heimabwehr unterzutauchen. Dafür zeigte Mike Frantz eine tadellose Leistung, welche er mit dem Treffer zum 3:2 nach einer Flanke von Jülich krönte. Der Torwart verpasste den langen Ball, sodass der Mann mit der Nummer 7 nur noch lässig einschieben musste.
Direkt im Gegenzug kam Idar-Oberstein erneut zu einer Großchance, welche diesmal von Pascal Formann vereiltelt wurde. In der Folgezeit drängte der Gastgeber auf den Ausgleich, während der eingewechselte Rasp mit einem unentschlossenen Alleingang die Entscheidung verpasste. Der Krieg für die Nerven endete dann jedoch glücklich und der FCS heimste drei weitere Punkte ein.

Nach dem letzten Freudentanz im staubigen Gästeblock war dann die Heimwanderung durch die Natur zum Parkplatz angesagt. Bekanntlich ist es nicht alles Gold, was glänzt und auf den FCS kommt noch viel an Arbeit zu, will man schrittweise wieder in bedeutendere Fußballregionen, jedoch wird in einem Jahr wohl niemand mehr daran denken, wie sehr dieser Sieg erzittert wurde.

'idar 020' von Carsten_FCS

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

der block sieht leer ja noch geiler aus, als ich ihn halbwegs gefüllt ihn erinnerung habe...!

auch die wurst war sensationell, das stimmt. ich fand die bemühungen der gastgeber insgesamt sehr rührseelig.

selbst die ordner waren doch in ordnung. man musste sie halt nur überzeugen und totargumentieren ;c)

"Boys contre le Racisme?" - "Nee, Rassiste lasse mir net ins Staaadion!"

ich lach mich immer noch weg. naja, immerhin waren sie "diskussionsfähig". haben wir doch alles schon restriktiver erlebt, oder?

Anonym hat gesagt…

Der Platz in Idar-Oberstein liegt echt fernab vom Schuß. Ich hab da vor in paar Jahren (noch zu den gemeinsamen Regionalliga-Zeiten der beiden Vereine) auch mal 'ne Wanderung hin absolviert.

Danke für den wie immer gelungenen Bericht. Sätze wie "Als unbeschriebenes Blatt durften Notizbuch und ich den Gästeblock betreten" oder die "…für rheinland-pfälzische Verhältnisse ausgezeichneten Rostwurst" haben mir ein paar Lacher entlockt.

Carsten hat gesagt…

@lemmy

Es war ja wenigstens nur das übliche, überflüssige Gerede wegen den Fahnen, hat ja dann aber doch ein normales Ende gefunden. Aber den Dialog hab ich leider nicht mitbekommen, der toppt wirklich alles.

@Markus

Vielleicht war das ja das berühmte Spiel, wo Master Echendu sich eine Aktion mit der Eckfahne geleistet hat!? Das wurde in der letzten Zeit mal wieder aus der Erinnerung gekramt.

Anonym hat gesagt…

Genau das Spiel war es. Krasse Aktion von Echendu damals.