Mittwoch, Dezember 05, 2007

Schwartz-Weiß-Malerei

Der Blick in die saarländische Presse ist nach dem Abstieg des FCS nicht facettenreicher geworden, bleibt jedoch ein interessanter Zeitvertreib. Aus den Schlagzeilen ist der FCS noch nicht verschwunden, was ein Blick in die heutigen Ausgaben von BILD Saarland und Saarbrücker Zeitung (SZ) beweist. Dort lässt sich am Beispiel der Suspendierung von Tim Schwartz eindrucksvoll aufzeigen, wie unterschiedlich die Berichterstattung in einem kleinen, verschlafenen Bundesland über ein- und dasselbe Thema ausfallen kann.

'schwartz2' von Carsten_FCS

Der Artikel von Daniel Fischer (BILD) mit dem dramatischen Titel "Tim Schwartz gefeuert!" stellt sofort die rhetorische Frage, ob ein einzelner Spieler die Hauptschuld am Versagen einer ganzen Mannschaft tragen kann. Dieser subjektive Schreibstil ist für eine Boulevard-Zeitung sicherlich nicht unüblich und will zumeist eines erreichen: das wohlwollende Kopfnicken der Leser, die sich bestätigt fühlen. Die Betroffenheit für Schwartz wird noch zusätzlich gesteigert, indem sein Berater (wird namentlich nicht in der BILD erwähnt) mit den Worten "Tim wurde seit Wochen fertiggemacht." zitiert wird. Normal erwartet man solche Kommentare eher aus dem Mund einer besorgten Mutter, wenn die Boulevardpresse wieder einmal über Mobbing an deutschen Schulen berichtet. Tiefergehende Informationen darf man jedoch nicht erwarten, da nun ein Großteil des Artikels gesammelte Aussagen von Manager Wolfgang Loos einnehmen. Dieser rechtfertigt die Suspendierung, die seitens Trainer Michael Krüger ausgesprochen wurde, ohne genauer auf Hintergründe einzugehen. Der Schreibstil bleibt zwar subjektiv und betont das "Saarbrücker Kuddelmuddel", betont aber vor allem die mentale Stärke des Managers in dieser schwierigen Situation (Zitat: "Doch das haut Loos nicht um"). Der Artikel schließt mit einer Art Mahnung von Wolfgang Loos in Richtung einiger bestimmter Spieler, die den Verein "rasch verlassen" sollten.

Liest man nach diesem recht emotionalen Artikel voller Betroffenheit und suggerierten Stärke die Meldung, welche die SZ über Tim Schwartz' Suspendierung veröffentlicht hat, so bekommt man den Eindruck, in eine völlig andere Wirklichkeit zu blicken. Erwartet man nach der relativ nüchtern formulierten Überschrift "1. FC Saarbrücken suspendiert Verteidiger Tim Schwartz" auch einen entsprechend objektiven Artikel, so wird man enttäuscht. Man erhält zunächst im Gegensatz zum BILD-Artikel Auskunft darüber, welcher Vorfall angeblich der Anlass zur Suspendierung war (Schwartz soll vor dem vergangenen Heimspiel "in den Katakomben sitzend Zeitung gelesen" haben, wobei nicht überliefert ist, ob es denn nun BILD oder SZ war. Danach nehmen Zitate von Schwartz' Spielerberater Guido Nickolay (wird in der SZ mit Namen erwähnt) den größten Platz im kurzen Zeitungsartikel ein. Dieser berichtet der SZ von Kommunikationshürden mit Manager Wolfgang Loos und setzt das Strafmaß für seinen Schützling Schwartz mit einer gezielten rhetorischen Frage in Beziehung zur Aktion von eben jenem Loos aus dem Heimspiel gegen Mayen: "Welche Maßnahme müsste ein Verein gegenüber seinem Manager ergreifen, wenn dieser auf dem Platz versucht, einem gegnerischen Spieler eine Kopfnuss zu verpassen?"

Fassen wir nun zusammen: während die BILD-Zeitung den Vorfall bedauert, aber gleichzeitig Wolfgang Loos eine Chance zur Stellungnahme einräumt, wird in der SZ vor allem die Sichtweise von Schwartz' Spielerberater geschildert. Platz für eine objektive Betrachtung der Ereignisse findet sich in keiner der beiden Tageszeitungen. Es wäre müßig darüber zu spekulieren, ob hier bestimmte Absichten verfolgt werden, wenn die eine Zeitung den Standpunkt des Vereins und die andere die Meinung des Spielerberaters publiziert. Tatsächlich erscheint es schon sehr merkwürdig, wenn einerseits Wolfgang Loos keinerlei Aussagen über den Vorfall, der zur Suspendierung führte, gegenüber der BILD-Zeitung macht, der Vorfall selbst jedoch konkret in der SZ genannt wird, die ihrerseits nur den Spielerberater des Suspendierten zu Wort kommen lässt. Am Ende ist es der Leser, der um eine genaue Aufklärung der Ereignisse gebracht wird und sich mithilfe der beiden Artikel eine Wahrheit suchen muss, die wohl irgendwo zwischen den Zeilen verborgen liegt. Tim Schwartz selbst kam jedenfalls nirgends zu Wort. Vielleicht ist ihm das auch lieber, da die aktuelle Berichterstattung der Presse allenfalls noch mehr Unruhe in das brodelnde Saarbrücker Umfeld bringt.

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