Mittwoch, Dezember 12, 2007

Chancenlo(o)s

Die Jahreszeit heißt Winter, der Monat Dezember und während wir wohl darauf bedacht sind, jeden Adventssonntag eine neue Kerze an unserem Kranz anzuzünden, spekulierte man heute weitläufig darüber, ob nicht der 1. April einfach vorverlegt wurde. Spätestens als gen Abend dann das Handy ging und eine Kurzmitteilung bestätigte, was viele schnell als schlechten Scherz verstanden, wurde einem schlagartig klar, dass es die heile FCS-Welt nie gab: der 1. FC Saarbrücken und Wolfgang Loos arbeiten ab sofort nicht mehr zusammen. Hintergründe der Trennung wurden bislang nicht bekannt, abgesehen von der Äußerung Hinschbergers, dass die Auffassungen beider Parteien in Sachen Organisation und sportlicher Führung zu unterschiedlich waren.

Um nachzuvollziehen, was passiert ist, sollte man kurz einmal den Weg von Wolfgang Loos als Manager in Saarbrücken nachzeichnen. Wolfgang Loos kam als erfahrener Manager, der zuvor u.a. in Köln und Braunschweig tätig war, in die Provinz und sollte dort dem angeschlagenen Traditionsverein ein neues Profil verleihen. Als Loos geholt wurde, war der Abstieg zwar noch vermeidbar, wurde jedoch auch dadurch begünstigt, dass man zu lange an Didier Philippe als Trainer festhielt. Die Unantastbarkeit des Franzosen behinderte, dass Loos den FCS schon zu Beginn reformieren konnte. Sein wahrer Anteil am Abstieg lässt sich von daher schwer beziffern, im Grunde ist Wolfgang Loos hier der geringste Vorwurf zu machen, da sich der FCS bereits im unaufhaltsamen Sturzflug befand.
Nach dem Abstieg und den damit verbundenen, personellen Strukturwechseln hätte die Gelegenheit kaum besser sein können, einen neuen FCS zu gestalten. Loos verbesserte viel, was von früheren Marketingmanagern unbeachtet blieb, zeigte sich für die Mitinitiierung einer Imagekampagne verantwortlich und versuchte auch das Fanpotenzial des FCS stärker auszunutzen. Was Loos hier machte, könnte man eigentlich als "Pionierarbeit" bezeichnen, verglichen damit, wie karg die Arbeit seiner Vorgänger ausfiel.
Der erste Fehler von Loos ist im Nachhinein warscheinlich die Besetzung seines alten Bekannten Michael Krüger als FCS-Trainer. Sehr schnell wurde das weitere Vorgehen des Managers umso kritischer begutachtet und die Vorwürfe der Kumpanei wurden laut. Die Verpflichtung von Danny Luft brachte zusätzliche Spekulationen über eine mögliche "Braunschweig Connection", die ähnlich der oft beschworenen "French Connection" als einflussreiches Netzwerk den FCS insgeheim regierte. Vergessen wurde bei diesen starken Vorwürfen oft, dass der FCS gleichzeitig auch auf Vorstandsebene einen kleinen Wandel vollzog. Mit Hinschberger und Ebertz sollte nicht nur auf rein sportlicher Ebene eine neue Zeitrechnung beginnen.
Der Anfang verlief für alle Parteien gut: sportlicher Erfolg ließ das Duo Krüger/Loos als Heilsbringer erscheinen, Hinschberger konnte mit aktiver Mitgliederwerbung und einer Imagekampagne zusätzliche Sympathiepunkte sammeln. Als die Erfolgswelle abflachte und die Ergebnisse auf der Stelle traten, machte Loos seinen zweiten, folgenschweren Fehler: war er zunächst in der Presse rhetorisch kompetent aufgetreten, setzte bei ihm das ein, was von vielen als "Schönreden" abgestempelt wurde. Was wohl eher dazu gedacht war, Schaden von der Mannschaft abzuwenden, die ihre erste Krise zu bewältigen hatte, erwiesen sich die Auswirkungen eher als negativ, was sogar so weit ging, dass das Präsidium Trainer und Manager öffentlich angriff. Der sportliche Misserfolg entzog Loos und Krüger das breite Vertrauen, das beide zu Saisonbeginn genossen und die Personalpolitik wurde zunehmends Gegenstand der Kritik.
In den letzten Tagen präsentierte sich Wolfgang Loos anders als in den vorherigen Wochen - kein Blatt vor den Mund nehmend, offensiv und schonungslos. Dies geschah offensichtlich zu spät. Inwiefern die Geschichte um die Suspendierung von Tim Schwartz oder andere Gründe eine Rolle für die Scheidung zwischen Loos und dem FCS spielen, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch niemand zweifelsfrei behaupten. Feststellen lässt sich nur, dass der FCS jetzt zu seinen Wurzeln als Chaosverein zurückgekehrt ist: ein erfahrener Manager und Fußballlehrer verlässt nach "einem mehrstündigen konstruktiven Gespräch" den Verein, welcher von einem Politiker und Unternehmer geleitet wird, unterstützt von jemanden, der bis vor wenigen Jahren noch selbst auf dem Platz stand. Nichtmal eine ganze Saison hat sie gehalten, die heile FCS-Welt, eine Vision von einer besseren Zukunft für den "Leuchtturm des saarländischen Fußballs". Jetzt kehren wieder Spekulationen über den Einfluss von Personen außerhalb des Spielfeldes (Sponsoren, Spielerberater etc.) auf den Verein in das Tagesgeschäft ein und der weitere Verbleib des Loos-Vertrauten Krüger scheint auch sehr zweifelhaft. Es ist hierbei nicht in erster Linie der Abgang der Person Loos, der die Lage misslich erscheinen lässt, sondern die Erkenntnis, dass man aus all den Fehlern der Vergangenheit nicht gelernt hat und auch die neuen Kräfte in der Vereinsführung den Versuch eines kontinuirlichen Neuaufbaus jäh beendeten.

Im Moment bewegt sich der FCS mit großen Schritten in die Ostermann-Vergangenheit zurück: Unruhe, Chaos, Misstrauen. Wird dieser Kurs nun beibehalten und all das vergessen, was man für eine kurze Zeit in diesem Sommer, diesem hoffnungsvollen Sommer, im Blick hatte, steht der FCS chancenlos vor dem Fall in den Abgrund der Fünftklassigkeit.

Links:

- 1. FCS trennt sich von Manager Loos (sr-online.de)
- Hinschberger trennt sich von Loos (ludwigspark.de)
- Die satirische Darstellung der Ereignisse im A-Block

Keine Kommentare: