Es war wieder einmal ein trister Samstagnachmittag in der gefühltermaßen kältesten Landeshauptstadt Deutschlands. Als ich die Rolltreppe des neuen Saarbrücker Eurobahnhofs hinabfuhr, bepöbelten die ersten Blau-Schwarzen einige wenige rot-weiß-gekleidete Fans. Ich dachte mir nichts dabei und ging erst einmal über den neu geschaffenen Durchgang Richtung Ludwigspark. Auf einer Treppe überhalb des Bahnhofs drehte ich mich um und hörte die ersten Gesänge aus der roten Pfalz. Scheinbar übte das kleine Derby doch einen gewissen Reiz aus.
Im Stadion war auch sofort klar, dass es sich doch nicht ganz um ein "kleines Derby" handelte. Der FCK entschloss sich mit acht(!) Lizenzspielern anzutreten, darunter auch der derzeit beste Torschütze der Zweitligamannschaft, Erik Jendrisek. Allerdings ist es keine große Kunst in dieser Spielzeit bester Torschütze der roten Teufel zu sein, bei Jendrisek reichen bisher gerade einmal fünf Treffer für diesen zweifelhaften Titel. Der FCS spielte hingegen in gewohnter Besetzung, darunter auch zum zweiten Mal Michael Müller, vormals Kapitän der Verbandsligareserve.
Das Spiel begann vor 4.500 Zuschauern recht flott und bestätigte zunächst alle großen Befürchtungen, indem die Profiabteilung der Roten Teufel im Toreschießen aushelfen musste. Nach einem zögerlichen Tackling der Saarbrücker Abwehr konnte Erik Jendrisek auf der linken Seite den Ball vor das Gehäuse von Pascal Formann passen, wo Björn Runström, weiterer FCK-Profi, zur Gästeführung einschieben konnte.
Dass der FCS mit dem Konkurrenten um Platz 4 mithalten kann, bewies ein wunderbarer Spielzug aus der neunten Minute. Florian Hornig bekam den Ball von Pascal Stelletta, doch anstatt eines weiteren Schussversuches spielte er ihn klug zur Nummer 10 zurück, welche mit einem sehenswerten Treffer Luis Robles im Gästetor keine Chance ließ: 1:1!
In der Folgezeit zeigte sich der FCS offensiv sehr bemüht, wobei immer wieder Mike Brückerhoff und Pascal Stelletta auffielen. Leider nahm auch die Häufigkeit an Ballverlusten zu, viele Pässe in die Spitze wurden von der Gästeabwehr abgefangen. Die Gäste lieferten hingegen neben einiger, weniger Druckphasen zumeist Gründe dafür, warum sie in der 2. Bundesliga zu den heißen Anwärtern auf den Abstieg gehören: neben einer Vielzahl versteckter Foul waren sie es, die bei dem geringsten Kontakt mit dem Körper ihres Gegenspielers (scheinbar) verletzt zu Boden gingen. Gleichzeitig stellt sich hier auch die Frage, warum der FCK die grandiose Taktik verfolgt, bei Lizenzspielern durch Einsätze in der 2. Mannschaft die Verletzungsgefahr noch zu erhöhen.
In der zweiten Halbzeit erkannte man bei beiden Mannschaften kein Konzept mehr. Es entbrannte ein Kampf um den Ballbesitz, Chancen blieben die Ausnahme. Zu allem Überfluss war es dann mit Mike Frantz ein Schlüsselspieler, der verletzt gegen Manuel Rasp ausgetauscht werden musste. Dieser zeigte in der Folge wenig Einsatz und unterstrich den Verlust seines Stammplatzes an Florian Hornig. Dieser blieb im Sturm einziger Aktivposten, Nazif Hajdarovic war selten zu beobachten.
Der FCK erhöhte den Druck, ließ aber auch in der Oberliga spielerische Mittel komplett vermissen. Der FCS kam noch zu zwei Kopfballchancen, versteifte jedoch in Ringen um den Ball. Zu allem Überfluss holte sich Nazif Hajdarovic kurz vor Ende der Partie noch eine Gelb-Rote-Karte ab, indem er den Gegenspieler bei der Ausführung eines Freistoßes behinderte.
Da waren alle Augen schon auf den C-Block gerichtet. Einige Gästefans versuchten über die Zäune auf den Oberrang zu klettern, was offensichtlich an mangelnder körperlicher Fitness scheiterte. Nun flogen Gegenstände, während auf der Tribüne einige Zuschauer sich zu weiteren Provokationen hinreißen ließen. Diese Aktion kann man als peinlich und dumm zu bezeichnen, da gerade die Gegengerade ein Bereich ist, den vor allem Familien oder Rollstuhlfahrer besuchen, welche ihr samstägliches Vergnügen wohl nicht in der Auseinandersetzung mit gegnerischen Fans suchen.
Ein Unentschieden ist je nach Sichtweise des Betrachters das halbvolle oder halbleere Glas Wasser. In diesem Falle tendiere ich eher zum halbleeren Glas, da der FCS in der zweiten Halbzeit eine Leistung zeigte, die auch nicht mit der Leistung des Schiedsrichters oder der Vielzahl an Profis (die keinesfalls profihaft auftraten) zu entschuldigen ist. Als positiv kann man hingegen die Leistung von Michael Müller, Yannick Dekoun und Pascal Stelletta betrachten.
Eine kampfbetonte Leistung reicht eben nicht immer aus, wenn man sich zur Spitze der Liga zählen will. Dazu gehört noch das gewisse Etwas, was man auch teilweise "Spielwitz" oder "Kreativtät" nennt. Davon hat der FCS gegen den FCK II viel zu wenig gezeigt.
Schön, dass ihr alle da seid!
vor 5 Tagen
3 Kommentare:
Danke für den ausführlichen Bericht. Nachdem was ich im Radio gehört hatte, und nach dem was du hier schreibst, muss man wohl mit einem Punkt zufrieden sein.
Dass Die zweiten Mannschaften beinahe nach Belieben Profis in den unteren Ligen einsetzen dürfen ist eigentlich ein Unding und eine ziemlich starke Wettbewerbsverzerrung.
Ich stimm dir absolut zu, dass dieses Hin- und Herschieben von Spielern endlich reformiert werden sollte. Auch wenn der FCS früher da auch mitgemischt hat, zu Zweitligazeiten.
Kompliment! Dieser Beitrag unterstreicht mal wieder die hohe Qualität des Blogs. Ich war am Samstag im Park und kann mich der Analyse von Carsten nur anschließen. Sie deckt sich mit meiner Einschätzung. Treffender kann man es nicht beschreiben: Das Spiel war okay, aber auch nicht mehr. Der FCS steht derzeit vollkommen zurecht auf dem 4. Platz. Ich hab am Samstag nichts gesehen, was eine höhere Platzierung rechtfertigen würde. Eine andere Sache noch: Was ich absolut unnötig fand, waren die Rangeleien nach dem Spiel vor dem Stadion. Da musste man als friedlicher Fan aufpassen, dass man nicht zwischen die Fronten gerät. Ich hab nen großen Bogen drum gemacht. Verstehe nicht, warum man nicht einen Block zugemacht hat, um erst die eine Gruppe abziehen zu lassen und ein Aufeinander treffen beider Fangruppen zu vermeiden?! gruß psi
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