Wie der Schnauzer zu Dieter Ferner gehört das Saisonfazit untrennbar zum Inventar des FCSBlogs. Auch in diesem Jahr werden wieder alle bekannten Kategorien durchleuchtet und der endgültige Schlussstrich unter die erste (und vorerst letzte) Saison in der Viertklassigkeit gezogen.
1. Punktspiele:
Direkt zu Beginn der Saison setzte man Ausrufezeichen und erzielte drei Kantersiege (7:0, 5:0, 6:1) und unterstrich den Anspruch auf einen Aufstiegsplatz. Einen folgenschweren Knick erlitt der FCS nach den eher enttäuschenden Auftritten gegen die Erzrivalen Homburg und Trier mit folgender Niederlage in Mainz. Bis Ende der Hinrunde stabilisierte man sich und blieb fünf Punkte vor einem Nichtaufstiegsplatz. In der Rückrunde holte man zwar insgesamt drei Punkte mehr als in der Hinrunde und gewann auch gegen Trier und Mainz, konnte aber nicht mit der Aufholjagd des FCK II mithalten. Mit einer Heimniederlage gegen den direkten Konkurrenten Worms war der Nichtaufstieg (= Fünftklassigkeit) so gut wie besegelt.
2. Trainer Nr. 1:
Michael Krüger wurde zu Beginn seines Engagements als erfahrener Fachmann anerkannt, obgleich seine enge Bindung an Manager Wolfgang Loos kritisch beäugt wurde. Deshalb wurde ihm Beeinflussbarkeit vorgeworfen. Nach einer eher dürftigen Vorbereitung schien er aber die Mannschaft perfekt aufgestellt zu haben, sodass unter ihm eine überwiegend junge Mannschaft blühte. Gegenüber der Presse blieb Michael Krüger meistens ruhig, was vom Saarbrücker Umfeld ab der Schwächephase Ende 2007 mit Unkenrufen quittiert wurde. Zudem sagte man ihm nach, systematisch eine Zweiklassengesellschaft innerhalb der Mannschaft zu etablieren, was im Abgang von Tim Schwartz gipfelte. Kurz nachdem Wolfgang Loos von seinen Aufgaben entbunden wurde, ging Krüger in den Sudan.
3. Manager:
An Wolfgang Loos wurden wohl seinerzeit die höchsten Erwartungen gestellt. Anders als der ruhige Krüger war Loos von Beginn seiner Tätigkeit in der Presse präsent und Sprechrohr der sportlichen Entscheidungen des FCS. Dies erhöhte auch die Kritik auf seine Person, da er mit Luft, Jülich, Schug und Özgün Spieler verpflichtete, für die man vielerorts keinerlei Bedarf sah und die sich auch in den Testspielen nicht empfehlen konnten. Vor allem bei Luft und Jülich gab es den Verdacht einer "Niedersachsen-Connection".
Als Loos in der Zeit des offenkundigen Leistungsabfalls der Mannschaft eher beschwichtigen wollte, als die Mannschaft mahnend zu kritisieren, entzog ihm der Vorstand auch öffentlich das Vertrauen. Nach dem Eklat um Tim Schwartz wurde klar, dass das Verhältnis zwischen Manager und Vorstand zerrüttet war und die Vorstellungen beider keine Schnittmenge mehr bildeten. Der polarisierende Loos musste gehen.
4. Trainer Nr. 2:
Alfred Kaminski war bei seiner Verpflichtung allen noch bestens als Co-Trainer unter Henke und Trainer der Reserve in Erinnerungen. Seine unkonventionellen Trainingsmethoden ordneten ihn in die Ecke der Motivationskünstler und Jungtrainer mit Erfolgshunger. Nach einigen Ausrutschern wurde er dieser Rolle gerecht und erzielte Siege gegen die bis dahin fast Unschlagbaren Trier und Mainz II.
Sein folgenschwerster Fehler war die psychologisch kontraproduktive Verteidigungsrede für Pascal Formann, welche seinem Torwart das Vertrauen nur noch mehr entzog und die Fans verärgerte. Ein endgültiges Armutszeugnis stellte sich Kaminski aus, indem er bei theoretischer Minimalchance auf den Aufstieg diesen schon vor dem letzten Spieltag abhakte und seinem Vorgänger die Schuld an der Misere gab.
5. Vorstand:
Mit zwei Neubesetzungen im Präsidium und einem ehemaligen Spieler im Aufsichtsrat gab es vor der Saison einige Änderungen im Vorstand. Horst Hinschberger war dabei zu Beginn seiner Arbeit "fachfremd", versuchte dies aber mit einem offensiven Engagement auszugleichen. Die Sympathien im FCS-Umfeld erarbeitete er sich nicht zuletzt durch seine stete Präsenz bei Spielen und in den Medien, sowie der "Liebe kennt keine Liga"-Kampagne. Für Kritik sorgte die parteiliche Nähe zu Vorgänger Ostermann und die mitunter übertriebenen Aussagen vor Presse, Funk und Fernsehen ("Leuchtturm des Saarfußballs"), die nach den ersten Misserfolgen mit Hohn und Spott quittiert wurden. Im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit holte der FCS unter Hinschberger/Ebertz Verlorenes auf und zeigte sich hier fanfreundlicher, jedoch zeigte man sich auf sportlicher Ebene noch recht unerfahren, was sich auch im Personalkarussell im Winter manifestierte. Wenn Hinschberger und Ebertz in der nächsten Saison ihre Chance bekommen, sollten sie daraus lernen.
6. Die Mannschaft:
Im Gegensatz zu den letzten beiden Spielzeiten setzte sich 2007/2008 ein festes Mannschaftsgefüge zusammen, welches maßgeblichen Anteil an einer starken Saison trug. Die Symbiose aus Jung und Alt funktionierte in der Hinrunde perfekt: Führungsspieler wie Jülich oder Haffner harmonierten auf den Platz mit Spielern wie Mike Frantz. Das Spiel über die Flügel florierte, nur wurde nach einigen Spielen schon klar, dass ein klassischer "Zehner" fehlte. Als die Euphorie der ersten Spiele abflachte, musste man in der Taktik variieren, was nicht immer gelang. In allen Mannschaftsteilen wechselten Licht und Schatten, wobei am Ende das Licht überwog.
7. Neuzugänge:
Von den nominellen Neuzugängen konnten nur wenige überzeugen. Schug bekam fast keine Chancen, obwohl er gute Ansätze zeigte, und war oft verletzt. Özgün, Wollscheid und Luft kamen nur selten zu Einsätzen und setzten nicht viele Glanzpunkte. Wechselhaft waren die Auftritte vom jungen Rouven Wiesner, der als Defensivspieler oft torgefährlich agierte, jedoch nicht immer stabilisierte. Ebenso wechselhaft, meistens aber unauffällig waren die Leistungen von Torsten Jülich. Nie unumstritten war hingegen Pascal Formann, der erst sehr spät den Platz im Tor verlor. Florian Hornig erzielte zwar einige Tore, ließ die sogenannten "Big Points" aber aus und wird den Verein nach nur einem halben Jahr wohl wieder verlassen.
Die "unechten" Neuzugänge aus dem Jugend- oder Reservebereich spielten fast allesamt engagierter als die "Hinzugekauften", was Spieler wie Brückerhoff, Stelletta oder Dekoun zu echten Gewinnen machte.
8. Die Pokalsaison:
Wie im Vorjahr war schon das erste Spiel im Saarlandpokal Endstation für den FCS. In Mettlach verlor man knapp nach unterirdischer Leistung mit 0:1. Ironischerweise gelang der Verbandsligamannschaft des FCS Wochen zuvor im Stadion am Schwimmbad ein überzeugender 3:1-Auswärtssieg unter der Federführung von Mike Brückerhoff.
9. Fans:
Der Ära der beiden Fanblöcke stand mit der Oberliga eine Bewährungsprobe bevor. Trotz aller Befürchtungen unterschieden sich Stimmung und Zuschauerschnitt nicht großartig im Vergleich zur Vorsaison. Eher war nach dem 10.000-Zuschauer-Spiel in Neunkirchen eine Euphoriewelle Grund für die neue "Liebe" zum Verein. Erst nach sportlicher Ernüchterung und einigen (zu erwartenden) Auseinandersetzungen bei Derbyspielen kam die Diskussion über die Spaltung der Fanszene, die nach wie vor nicht zu enden scheint, wieder auf.
Bei Auswärtsspielen setzte sich das altbekannte Bild der letzten Jahre fort: nur bei großen Gegnern gab es die entsprechend große Masse an FCS-Fans. Aufgrund kürzerer Entfernungen und kleinerer Heimanhänge fiel dies jedoch nicht zu sehr ins Gewicht. Bei Auswärtsspielen waren es zumeist Virage Est und andere Allesfahrer, die den Verein unterstützten. Das Polizeiaufkommen bei FCS-Spielen blieb hoch, was bei einigen Spielen zu erwarten (Homburg, Trier), bei anderen unverständlich (Hauenstein, Wirges, Engers...) war. Die Diskussion über gewaltätige Fans sollte vor allem nach dem Heimspiel gegen Homburg wieder aufkommen und die Berichterstattung bestimmen. Eine neue Dimension erhielt diese Diskussion nachdem seitens einiger Fans auch psychischer Druck auf Torwart Pascal Formann ausgeübt wurde: zu Saisonende wurde wieder einmal den Fans maßgebliche Schuld am Abstieg gegeben.
Abzuwarten bleibt, ob die Gegebenheiten der beiden Fanblocks bei Zuschauerschwund in der Fünftklassigkeiten in dieser Form aufrecht erhalten bleiben.
10. Mein persönliches Fazit:
Diese Saison ist persönlich viel schwieriger zu bewerten als die vorherige Spielzeit, da im Grunde die Ergebnisse das triste Vorjahr oftmals weit übertrafen, am Ende jedoch das Verpassen des Saisonziels de facto einen weiteren Abstieg bedeutet. Einigen tristen Heimspielen gegen Dorfclubs stehen Duelle vor zweitligareifer Kulisse in Trier oder Neunkirchen gegenüber. Am Ende fühlt man sich ob weiterer Enttäuschungen trotz einer jungen, vielversprechenden Mannschaft erneut geprellt: ein geordneter Neuaufbau schließt es eigentlich aus, dass alte Fehler wiederholt werden. Die Verpflichtung des Victors-nahen Kaminski war damit ein Schritt zurück, der am Ende vielleicht auch die Qualifikation zur Regionalliga kostete. Auch wurde bei allen Neuerungen im Bereich Fanservice oder dem Generationenwechsel in der Fanbetreuung immer noch keine Konstanz auf sportlicher und organisatorischer Ebene entwickelt.
Im Grunde ist man keinen Schritt weiter als vor einem Jahr, außer dass man noch einmal gesehen hat, dass in Saarbrücken das Potenzial, die Massen zu begeistern durchaus vorhanden ist. Auch ohne einen FC Saar.
Fotos: 1,2 Saarkicker.de, 3 fcsblog.de
Mangelnde Impulskontrolle
vor 1 Tag
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