Der Saisonstart ist für den 1. FC Saarbrücken noch fünf Tage entfernt, das letzte Vorbereitungsspiel steht heute gegen den SC Freiburg II auf den Programm, die letzten Handlungen auf dem Transfermarkt sind abgeschlossen und das Phänomen "Euphorie" hat seit dem Spiel gegen Schalke endgültigen Einzug in den Ludwigspark erhalten. Das ist erst einmal gut, übertreiben sollte man das Ganze jedoch nicht.
Auch wenn man es Jahr für Jahr zu vergessen scheint: die Euphorie kommt pünktlich zu Saisonbeginn hervor, unabhängig von der Endplatzierung der vorherigen Spielzeit oder der allgemeinen Frustration im FCS-Umfeld. Grob lässt sich diese plötzliche Stimmungsschwankung als der allgemeine Gedanke aller FCS-Fans, ja allgegenwärtige FCS-Gedanke umschreiben, dass man irgendwann doch wieder nach oben kommen könnte. Als der FCS unter Toppmöller erstmals seit dem Lizenzentzug in die Zweitklassigkeit aufstieg, dauerte es nicht lange, da war schon von der Bundesliga die Rede. Gerüchte über prominente Neuzugänge wie Thomas Helmer und Ralf Weber, aber ein Testspielerfolge hielten die Stimmung hoch, die in einen starken Saisonbeginn mündeten, in dem man zeitweilig die Aufstiegsplätze enterte. Später kam Reutlingen, Toppmöller ging und der FCS spielte die Runde mit Thomas von Heesen zuende. Dass man vor der Katastrophensaison 2001/2002 das Ziel "Meisterschaft" ausgab, erscheint heute wie ein schlechter Witz.
Auch der Autor dieser Zeilen hat sich schon von der ein oder anderen Euphorie im FCS-Land anstecken lassen und wurde später bitter enttäuscht. Da war die Saison 2005/2006, die mit der Verpflichtung des ehemaligen Weltstars und einer ähnlichen Erwartungshaltung wie 2001/2002 begann. Im Jahr darauf gab ich sogar an dieser Stelle eine Prognose ab, dass die Aufstiegschancen des FCS bei 80% lägen, was ich damals für angemessen und realistisch hielt, schließlich gab es in der Regionalliga Süd scheinbar keine ernsthafte Konkurrenz außer Hoffenheim und Wehen. Die Abstiegswarscheinlichkeit hätte ich damals wohl bei 5% gesehen.
Was lässt sich in der heutigen Situation zu falscher und richtiger Euphorie sagen, wenn der Verein zwar aufgestiegen ist, aber eigentlich immer noch in der Halbvergessenheit Fußballdeutschlands hängt?
Der fatale Aspekt der Euphorie ist die an sie geknüpfte Erwartungshaltung. Wie Euphorie oft als "Hochgefühl" beschrieben wird, so kann man die einhergehenden Erwartungen an die Mannschaft als hochmütig bezeichnen. So wunderte es kaum, als der D-Block nach einer halbstündigen gelungenen Vorstellung gegen Schalke 04 Sprechchöre wie "Erste Liga! Keiner weiß warum!" von sich gab und insgeheim viele FCS-Fans schon das böse Wort "Durchmarsch" in ihren Kopf ließen. Dieses Urteil nach einer unglücklichen Testspielniederlage gegen einen Bundeslisigten zu fällen ist nicht nur naiv, sondern auch gefährlich.
Das Beste aus der Euphorie wird der FCS in diesem Falle mitnehmen, wenn er sich nicht an der Erwartungshaltung seiner Anhänger messen lassen muss, sondern an seiner Leistung gegen die Mannschaften der Regionalliga West. Und hier beginnt der FCS in der Hierarchie erst einmal unten, da man selbst nur ein Aufsteiger ist.
Der Fan kann in dieser Situation nicht mehr und nicht weniger als den Druck, der von zu hohen Erwartungen verursacht ist, einfach fallen zu lassen und stattdessen die anderen Aspekte der Euphorie mitzunehmen. Gerade bei den ersten vier Spielen der Saison, die allesamt gegen lokale Konkurrenten oder Traditionsvereine stattfinden, bietet sich hier die beste Gelegenheit, viel Potenzial auszuschöpfen. Man kann versuchen Freunde und Bekannte zu überreden, einfach mal "zum Eff-Zeh" mitzukommen, man kann den notorischen Grantler und "Ich-gehn-die-schunn-lang-nimmé-gugge!"-Sager zu einem Neustart animieren und man sollte dem FCS einfach einmal Unterstützung zukommen lassen, egal ob es auf der Anzeigetafel 1:0 oder 0:1 steht.
Nur zu unterstützen, wenn man die Liga dominiert, wird doch auf Dauer langweilig. Und die Bundesliga erreicht man sicher nicht dadurch, indem man jedes Jahr von ihr redet, aber den Verein dann im Stich lässt, wenn er nicht so spielt, wie man es sich vorgestellt hat.
Mangelnde Impulskontrolle
vor 20 Stunden
2 Kommentare:
ich würde mich freuen, wenn es bald wenigstens zur dritten liga reicht. dann kann ich wenigstens mal nach braunschweig oder osnabrück, um dem eff-zeh die daumen zu drücken. is nicht ganz so weit von hannover aus :-)
Dann wärs natürlich nicht schlecht, aber lieber in drei Jahren 3. Liga als in drei Jahren von der 2. Liga in die Oberliga ;)
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